Friday, August 20, 2004

Seminarprojekt I: o

Recherche zu Zeitzeugen, nach einem Interview mit Dr. Gingrich am 4. Februar 2004:
Die meisten Zeitzeugen sind leider verstorben. Jede von mir befragte Person erhielt die Liste der StudentInnen 1938- 1945, beziehungsweise Auszüge der relevanten Personen. Zu diesem Zweck habe ich die Inskribierten zwischen 1938- 1945 im Internet veröffentlicht und einen Fragebogen angefügt, jedoch keine Zusendungen erhalten. Dr. Andre Gingrich gab in einem Gespräch am vierten Februar 2004 einige Hinweise, die ich im Folgenden dokumentieren möchte.
1. Dr. George Stocking
Dr. George Stocking wurde von mir per Email bezüglich der Studenten aus den USA kontaktiert. Er hat die Nachricht gelesen, wie ich einer Lesebestätigung entnehmen konnte, bis jetzt aber nicht geantwortet. ( Email: Februar 2004)
2. IKG Wien
Bis dato keine Ergebnisse.
3. Universität Wien
Dr. Walter Dostal wurden ebenfalls mit einem kurzen Brief an Dr. Sylvia Haas kontakiert, beantwortet wurde die Frage nach möglicherweise dem Professor emeritus bekannten StudenInnen aber nicht. Dr. Sepp Linhart wusste:
" Liebe Frau Amber,
Sie haben ein interessantes Thema gewählt. Von den beiden Namen ist mir nur der von Ishida Eiichiro (1903-1968) bekannt. Er war nach dem Krieg der Begründer des Instituts für Kulturanthropologie an der Universität Tokyo. Soviel ich weiß, stammt er aus einer adeligen Familie und war als Student an der Universität Kyoto Sympathisant der marxistischen Studentenbewegung. Da man ihn als Adeligen nicht einsperren wollte, wurde ihm nahegelegt, an eine ausländischeUniversität zu gehen. Ich nehme an, er konnte besser Deutsch als Englisch oder Französisch und wollte nicht ins faschistische Deutschland und ist deswegen in Wien gelandet. Dazu kommt, dass die Wiener Ethnologie in Japan in den dreißiger Jahren einen guten Ruf hatte. Das hatte auch den Gründer des Instituts für Japankunde (später Japanologie), Oka Masao, bewogen, in Wien Völkerkunde zu studieren und hier ein Doktorat zu machen. Oka könnte ein Vorbild für Ishida gewesen sein. Ich weiß nicht, wie lange Ishida in Wien inskribiert war (wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das ermittelten) und was er während des Krieges tat. Er stimulierte auf jeden Fall nach 1945 gemeinsam mit Oka die bis dahin verpönten (weil im Widerspruch zum nationalen Mythos stehenden) Studien über die Herkunft des japanischen Volkes, ist dann aber gegen Ende seines Lebens selbst zunehmends nationalistisch geworden. Wenn Frau Hohenwart noch lebt, kann sie Ihnen vielleicht Zusatzinformationen geben.Über Han Hung-Sao weiß ich nichts. Mein Lehrer, Prof. Slawik, gest. 1997,erwähnte allerdings immer wieder einen koreanischen Studenten, der nach demKrieg in Nordkorea Professor geworden sein soll. Ob es sich um Han handelt,kann ich nicht sagen. Wenn, dann wären diese beiden "Japaner" politisch wohleher als links einzustufen. Eventuell kann Prof. Dormels mit diesem Namenetwas anfangen. Vielleicht wissen auch Prof. Kreiner oder Prof. Pantzer von der Bonner Japanologie noch etwas mehr, besonders Prof. Kreiner kannte Prof. Ishidasehr gut, weil er von 1961 bis 1964 bei ihm studierte. Aber ich weiß nicht, wie tief Sie die Angelegenheit verfolgen wollen. Beste Grüße, auch an Herrn Gingrich, Ihr Sepp Linhart" ( Email: Februar 2004)
4. Yad Vashem
Die Studierende Ilona Loewy soll (vor) 1938 ins heutige Yisrael ausgewandert sein, eine Suche des Yad Vashem hat bis dato aber keinerlei Angaben gefunden.Der Leiter der " Zionist Archives" konnte mitteilen, daß es Listen mit Einwanderern ab 1920, chronologisch, aber nicht alphabetisch geordnet, gibt, die Namen und vielleicht den Aufenthaltsort der gesuchten Person enthalten, aber war der- oder diejenige nicht in bedeutender Weise ( im Aufbau des Landes) tätig, ist es schwierig etwas zu finden. Das britische Konsulat könnte bei legaler Ein- oder Ausreise Visainformationen haben.
5. Dr. Anna Hohenwart- Gerlachstein
Das Telefonat mit Dr. Hohenwart- Gerlachstein erfolgte am 4. Dezember 2003, am Postamt 1010, in Anwesenheit meines Freundes. Ich notierte die wichtigsten Punkte, hatte aber nicht die Möglichkeit, das Gespräch auf Tonband festzuhalten. Worte und Phrasen, die sie verwendete, stehen in Anführungszeichen.
Dr. Hohenwart erschien aufgeregt, verwirrt, wiederholte sich, so dass ich meine Fragen allgemein stellte und spontan nach dem Inhalt ihrer Antworten reagierte. Ich hatte den Eindruck zu stören und beschränkte mich auf wesentliche Punkte, wie ihrer Tätigkeit während des zweiten Weltkriegs, ihrer Position im Management der Bibliothek zur Rettung derselben, Kontakte zum Museumspersonal, Widerstandsaktivitäten und nationalsozialistischen Vertretern des Fachs, Vorlesungs-inhalte, Vorgänge am Institut, ihrer Erinnerung an das totalitären Regime und die Auswirkungen auf die Forschung.
Sie gab an einen " Unfall gehabt" zu haben und " könne in den nächsten Wochen nicht ausgehen". Sie regte mich an sie zu besuchen, sobald sie mich anriefe. Ich sagte zu. Nach meiner Erklärung, dass ich Studentin der Kultur- und Sozialanthropologie sei, erschien sie zunächst erfreut, Auskunft zu geben, nämlich über ihre " Weigerung für Nationalsozialisten" gearbeitet zu haben. Sie wiederholte, dass sie " nie als Assistentin" beschäftigt, und den Professoren der philosophischen Fakultät nicht verpflichtet war. Sie betonte ausdrücklich, " hauptsächlich als Übersetzerin" tätig gewesen zu sein, und zwar " nicht am Institut" der Ethnologie, sondern außerhalb der philosophischen Fakultät, im Rahmen von " Auftragsarbeit".
" Professoren und Assistenten", die durch die nationalsozialistische Diktatur bedroht waren, " flohen" laut ihrer Auskunft. Sie erwähnte eine Frau " Sulzmann", zu der sie sich aber nicht näher äußerte. Sie sprach von einem "Konsortium", welches "aus Deutschland geschickt", die Forschung in Wien kontrollierte. " Mit Kollegen" habe sie die Bände der Fachbibliothek " in den Keller" getragen und sich mit afrikanischen Sprachen beschäftigt. Sie sei " Anti- Nazi gewesen" und habe einfach " keine Stellung angenommen". Das Gedächtnisprotokoll wurde mittels Mitschrift am 27. Jänner 2004 erstellt.
6. Dr. Kaneko
Dr. Erika Kaneko sendete ihren Brief elektronisch am 10. Jänner 2004:
" Sehr geehrte Kollegin,
Ich habe Ihren Fragebogen bezüglich " Ethnologie im Nationalsozialismus" erhalten, kann Ihnen jedoch leider nicht behilflich sein, weil ich lediglich das Sommersemester 1944 belegen, und dann aus kriegsbedingten und privaten Gründen ( Aufenthalt in Großbritannien) mein Studium erst wieder zu Beginn der 50er Jahre aufnehmen konnte. Der Vorlesungsbetrieb im Sommersemester 1944 war wegen der ständigen Fliegeralarme sporadisch, und da Ethnologie für mich damals "versuchsweise" ein zweites Nebenfach war, erinnere ich mich nur dunkel an Vorlesungen von Professor Herrmann Baumann, wenn ich mich nicht irre, über Afrika. Sicher können Sie das an Hand von Vorlesungsverzeichnissen nachprüfen. Weder Professor Koppers, noch Professor Heine-Geldern lasen zu dieser Zeit (1944) an der Universität. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass ihre Namen je erwähnt wurden. Professor Heine-Geldern hielt sich zum Glück in den USA auf, und wo Professor Koppers damals war, ist mir nicht bekannt, doch hörte ich nachträglich, er wäre als " Geistlicher" von der Universität als nicht tragbar verwiesen worden. Professor Wölfels Praktika am Völkerkunde Museum besuchte ich auch erstmals nach Wiederaufnahme meiner Studien.
Als Erstsemester und bloßer Besucher der Vorlesungen war ich auch nicht Institutsangehörige und kann daher keinerlei Angaben über politische Stimmungen und/oder persönliche Beziehungen zwischen Fakultätsmitgliedern, oder auch nur Studenten an diesem oder einem anderen Institut machen. Von den in Punkt 15 genannten Namen sind mir einige persönlich (allerdings nach 1950) oder dem Namen nach bekannt, andere jedoch völlig unbekannt. Die Ethnologie war damals in der Hofburg untergebracht, und die Studenten hatten turnusweise zum Schutz der Bestände bei Bombenangriffen Nachtdienst zu verrichten. Als bloße Hörerin wurde ich nur zweimal herangezogen, oder kann mich jedenfalls an nur zwei dieser Nachtdienste erinnern. Wegen der kurzen und turbulenten Zeitspanne im Sommersemester 1944, weiß ich keine Namen der damaligen Hörer der Ethnologie, und bin auch mit niemandem aus dieser Zeit in Verbindung. Beste Grüsse, Erika Kaneko"
7. Fragebogen
Nelly Naumann und Helena Gröger-Wurm erhielten ihren Fragebogen per konventioneller Post zugestellt. Wolfram Naumann übersendete eine kurze Nachricht am 11. Dezember 2003:
" Sehr geehrte Frau Amber,
heute bekam ich Ihre Anfrage vom 6.12. in die Hände. Leider muß ich Ihnen mitteilen, daß meine Frau Nelly Naumann schon am 29. 9. 2000 verstorben ist.
Mit freundlichen Grüßen, Wolfram Naumann "
8. Telefonate und Internet Recherche
Salvatore Fedele, ein namensgleicher Nachfahre des Studenten Fedele konnte telefonisch erreicht werden. Verschiedenen Auskünften zufolge, soll er mit einer Anna Wessely in Wien verlobt gewesen und von Partisanen ermordet worden sein. Andere Informationen jedoch besagen, dass er verschollen und keine weitere Auskunft möglich sei. Ein Fax vom 12. Februar 2004 blieb bis dato unbeantwortet.
9. St. Gabriel
Die Kontaktaufnahme erweist sich als schwierig und wird fortgesetzt. Pater Klave, der als verantwortliche Person des Archivs genannt wird, war in den vorigen Wochen nicht erreichbar.
10. Offene Recherche
Interessant ist sicherlich auch das Archiv der Wiener Messeveranstalter, ein Hinweis des Peter Linimayr, und Brigitte Ungar-Klein empfahl mir das Stadt- und Landesarchiv zu visiteren.

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posted by Sybil Amber at 8/20/2004 06:45:00 PM

1 Comments:

Anonymous Anonymous denkt...

Sehr geehrte Frau Amber,
Da Ihr Telefoninterview mit Frau Dr. Anna Hohenwart-Gerlachstein zweifellos geeignet ist, einen verwirrenden Eindruck zu hinterlassen, möchte Sie doch fragen, weshalb Sie die von Ihnen beschriebene Vorgangsweise gewählt haben? Es gibt Berichte über sie im Buch von Professor Gingrich, im ICUAR Bulletin No. 40 usw., auch wurde sie für die Zeitschrift VEN interviewt (allerdings nicht von einem belebten Postamt aus). Frau Dr. Anna Hohenwart-Gerlachstein ist eine sehr ruhiger, überlegter Mensch, was Ihnen gewiß alle, die Sie persönlich kennen, bestätigen werden. Ihr Beitrag wird ihr in keinster Weise gerecht.
Mit freundlichen Grüßen
Stephanie Wiesbauer-Hohenwart

Monday, February 06, 2006 1:51:00 AM  

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