Friday, August 20, 2004

Seminarprojekt I: i

Sehr geehrte Frau Amber,
das Problem Ihrer Fragestellung liegt zunächst nicht so sehr im Bereich des Datenschutzes, als in der Art, wie die Unterlagen zur Studentenevidenz organisiert sind. Kurz gesagt: StudentInnen einer bestimmten Fachrichtung herauszufiltern ist eine äußerst zeitaufwendige Angelegenheit. Die einzige Quelle, aufgrund derer Sie dies überhaupt tun können, sind die von den Studierenden eigenhändig ausgefüllten "Nationalien", Inskriptionsscheine, auf denen persönliche Daten und die inskribierten Lehrveranstaltungen eingetragen wurden. Solche Nationalien mußten zu Beginn jedes einzelnen Semesters eingereicht werden, sie bildeten die Grundlage zur Berechnung der fälligen Kollegiengelder sowie zur Ausstellung von Absolutorien am Ende eines Studiums. Diese Formulare wurden von der Universitätsverwaltung zu Büchern gebunden, und zwar nach folgendem Ordnungsprinzip: Fakultät, Semester, Name. In Ihrem konrketen Fall bedeutet das, dass Sie die Nationalien der Philosophischen Fakultät, für jedes fragliche Semester zwischen 1938 und 1945, durchblättern müssen, und aufgrund der inskribierten Lehrveranstaltungen entscheiden müssen, ob es sich um ein Studium der Ethnologie handelt. (solche Fachrichtungen wurden nicht vermerkt - man studierte an der Philosophischen Fakultät und erwarb am Ende den Dr. phil., Fachrichtung war nur für die Wahl der Dissertationsbetreuer bzw. das Lehramt interessant.)
Es gibt zum Glück eine wesentlich leichtere Vorgangsweise, aber nur dann, wenn Sie sich auf jene EthnologiestudentInnen beschränken, welche irgendwann ein Doktorat erworben haben. Es gibt gedruckte Dissertationsverzeichnisse für die Universität Wien, wo die Einträge nach Fachgebieten gegliedert wurden. Mithilfe der Namen, die Sie dort finden, fällt die Suche in den Archivbeständen natürlich wesentlich leichter. Damit haben Sie jedoch das Problem, dass die 1938 von der Universität Vertriebenen von dieser Suchstrategie nicht erfaßt werden können, da sie ja in der Regel an der Univ. Wien dann eben kein Doktorat erwerben konnten (mit Ausnahme von wohl wenigen, die dies nach 1945 nachgeholt haben).
Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß zu einem verwandten Thema ein Forschunsgsprojekt gerade eben abgeschlossen wurde, und zwar mit dem Titel: "'Arisierung', Berufsverbote und 'Säuberungen' an der Universität Wien. Ausschluß und Vertreibung 'rassisch' und/oder politisch oder in anderer Weise verfolgter Lehrender und Studierender 1938/39". Druchgeführt wurde es von Friedrich Stadler (Projektleiter, Inst. f. Zeitgeschichte und Zentr. f. überfakultäre Forschung), Friedrich Posch (IFF/Museologie) und Werner Lausecker. Derzeit leiten die beiden Erstgenannten eine Lehrveranstaltung zum Thema Vertreibung Studierender von der Univ. Wien 1938. Über das Internet finden Sie sicherlich Kontaktmöglichkeiten; als Ansprechpartner empfehle ich Herbert Posch oder Werner Lausecker. Falls Sie weitere Fragen haben, schlage ich vor, dass Sie persönlich ins Archiv kommen.Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Maisel, Archiv der Universitaet Wien
http://www.univie.ac.at/archiv
Fax: (+43 1) 4277 / 9172
( Email: Tuesday, November 11, 2003 1:04 PM)

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posted by Sybil Amber at 8/20/2004 05:17:00 PM

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